Ausstellung in der St. Marienkirche zu Stralsund am 5. Juni 2019

Die Ausstellung mit dem Titel: LICHT - LANDSCHAFT - LEBEN umfasst Werke der
drei Malerinnen Marianne Gielen, Ina Lindemann und Simone Kornfeld.


Was kann so eine Ausstellung abstrakter Kunst in diesem bedeutenden Kirchenraum
leisten? Wie der Kollege Markus Lüpertz kürzlich in einem Interview anlässlich seiner Ausstellung im Berliner Bode Museum bemerkte: „Die abstrakte Kunst ist in
Deutschland noch lange nicht angekommen...“ gibt zu denken, da trotz der Flut an Gerhard Richter Ausstellungen ein wirklicher Dialog viel zu selten geführt wird.
Wenn nun der Titel eigentlich Gegenständliches verheißt, sind doch diese drei Themen oder Sujets nicht im Narrativen verhaftet, sondern frei entwickelte Bild gewordene Gedankenkomplexe und subjektiver Ausdruck verschiedener Auseinandersetzungen mit Pinsel und Farbe. Es wird auf den Arbeiten kein Licht, keine Landschaft, kein Leben dargestellt. Es sind Zeugnisse eines inneren Monologs,
der auch gleichermaßen in allen Arbeiten Widerhall findet und/oder erst durch die Existenz ermöglicht wird und in Beziehung steht. Leben ist ohne Licht und Landschaft für uns schwer vorzustellen, Landschaft ohne Licht und Leben ebenso nicht. Es ist alles miteinander verwoben. Wenn nun diese abstrakten Werke in einem
gemeinsamen Rahmen präsentiert werden, setzen sie sich untereinander in sichtbare
Beziehung, obwohl sie natürlich nicht aufeinander bezogen entstanden sind. So stellt der Betrachter gleich die Frage, was haben diese Bilder mit der Marienkirche zu tun?
Was stellen sie dar, wenn überhaupt nur Farbflächen-und Striche zu sehen sind?
Warum sind sie so stark farbig und was kann man noch auf ihnen beobachten?
Haben die Farben besondere Bedeutungen? Wie sehen die Bilder bei unterschiedlichem Lichteinfall durch wechselnde Tageszeiten aus? Welchen Raum
erschließen die Arbeiten? Welche Spannung erzeugen sie vor dem Hintergrund der unverputzten Kirchenwände? Welche Assoziationen setzen sie beim Betrachter frei
und welche Klangfarben evozieren sie? `Farbsymphonie` wäre dafür der richtige Begriff, der den Kirchenraum in weitere Schwingung versetzen könnte. Die Ästhetik der Bildkonzepte, die von plastischem Farbauftrag bis gegossenem `Dripping` reicht, lässt diese Arbeiten von atmosphärisch bis intensiv leuchtenden Kompositionen changieren. Die Künstlerinnen stellen sich auch gerne den Fragen der Betrachter – auch ein Kurzvortrag über die Entwicklung der abstrakten Kunst in Europa, wäre denkbar. Schließlich haben wir mit Malewitsch einen berühmten frühen Vordenker. Und es wird hohe Zeit, die europäische Abstrakte neu zu verorten und gründlicher zu betrachten.

Simone Kornfeld, Berlin 5. Juni 2019