Goldrahmen im Koffer
Im Pavillon auf der Freundschaftsinsel trifft deutsche Improvisation auf chinesische Präzision

POTSDAM / INNENSTADT – Mit scheinbar spontaner Leichtigkeit hatte Gong Chunhu zum Auftakt des deutsch-chinesischen Künstlersymposiums in der vergangenen Woche den Pinsel geschwungen. Ein Pferdeaquarell nach dem anderen war so innerhalb weniger Minuten entstanden. Von diesen Arbeiten ist in der Ausstellung „Zeichen und Bilder“ im Pavillon auf der Freundschaftsinsel jedoch nichts zu sehen. Statt dessen demonstrieren Beispiele verschiedenster Techniken die künstlerische Vielfalt der Volksrepublik.

Zhang Guangjun, Gong Chunhu, Jia Yonglin, Cheng Biao und Tian Wei präsentieren detailreiche Ölmalerei, stimmungsvolle Aquarelle in schwarz-weiß sowie ästhetische Kalligrafie. Daneben sind Pferdeaquarelle, wie eine Kopie des fast sieben Meter langen Werkes „Wan Ma Tu“, mit dem Gong Chunhu 2005 ins Guiness-Buch der Rekorde kam, zu sehen. Das Interessante liegt im Detail. Die Werke sind auf meterlangem, zart bemustertem Untergrund gezogen. Diese Form der Rahmung ist nur im fernen Osten möglich, und so nahm die deutsche Künstlerin Marianne Gielen ihre Arbeiten nach Tangshan mit, um sie dort einfassen zu lassen. Ihre bunten Werke hängen nun neben den dunkel gehaltenen chinesischen Aquarellen. Die unterschiedlichen Motive und Techniken, präsentiert in der gleichen Form, symbolisieren die Annäherung zweier Kulturen.

Die ursprüngliche Idee, die während des dreitägigen Workshops entstandenen Werke zu zeigen, kollidierte mit den kulturellen Werten der Asiaten. „Im Ausland auszustellen ist für die chinesischen Künstler etwas Besonderes. Niemals würden sie ein in fünf Minuten entstandenes Aquarell an die Wand hängen“, erklärt Inselgärtner Jörg Nähte. Aus diesem Grund besteht der chinesische Teil der Ausstellung aus mitgebrachten Werken, verziert mit dem individuellen Echtheitsstempel und präzise dokumentiert im vorbereiteten Katalog. „Jeder der Künstler hatte mindestens einen Koffer dabei, in dem seine Arbeiten, teilweise mit schweren Goldrahmen, fein säuberlich gestapelt waren“, schildert Nähte. Die ausgestellten Werke der deutschen Künstler Marianne Gielen, Sabine Schneider, Steffen Mertens, Kerstin Weßlau und Antje Görner bilden mit bunten Farben, modernen Techniken und improvisierten Installationen einen starken Gegensatz zur asiatischen Perfektion. Farbenfrohe Aquarelle, aufgenähte Lindensamen und ein Tor, gefertigt aus recycelbaren Papiertüten, stehen inmitten der raumhohen Rollbilder.

So ist die Ausstellung zwar abgewichen von der ursprünglichen Idee, bietet aber dennoch eine interessante Begegnung zweier künstlerischer Welten. Sich kultureller Unterschiede gewahr zu werden und aus ihnen zu lernen, ist schließlich das Ziel eines Austauschs.

Elisabeth Mandl